Wenn’s mir weitgehend entpflichtetem Pensionär mal „mau“ geht, dann weil ich kein neues „Papierlein“ ‚in der Mache‘ habe. Zu wissen, dass schon die Altvorderen ein zitierbares Sprüchlein dafür parat hatten, ich also nicht der Erste mit derlei Schreibblockade-Effekten bin, hilft nur mäßig.
Für Schreibtischtäterei inzwischen schwer entbehrlich: Wikipedia [fairerweise: zahlendes Mitglied werden! das war jetzt schon der Werbeblock J]. Im einschlägigen Artikel erfahren Leser*innen – fürs intellektuelle Alltagswissen ausreichend – Vermutbares: Über die Formel, deren Herkunft, und darüber, wieso das klassisch-lateinische Wort „diës“ (dt. Tag) – lt. „[K]leine[m] Stowasser. Lateinisch-deutsches Schulwörterbuch“ (München 1960) eigentlich grammatisches Maskulinum, als solches seltene Ausnahme von der durchaus entgegengesetzten Neigung der sog. e-Deklination – in der Rezeptionsgeschichte der Formel hartnäckig (und Schul-Lateiner irritierend) als eben grammatisches Femininum sich festgesetzt hat.
Texte zu verfassen, übe ich alszus (wie Kasseläner das halt ausdrücken), zum Beispiel hier K. Das isses also nicht, was die Optimierung meines aktuellen Daseinsgefühls aufhält. Was zur ‚Mache‘ eines „Papierleins“ fehlt, ist ein Thema, das in mir Funken schlägt, zu werweiß auch kontroversen Thesen drängt. Gefühlt schon viel zu lange, dass ich mich über nix mehr ordentlich „uffgereeeecht“ habe (um’s – nach 45 Jahren hochdeutschen Immigranten-Status darf das… J - noch mal auf „nochdhessischer Ardigulazionsbasis“ [so unnachahmlich von Karl Garff auf den Begriff gebracht] auf- und auszuschreiben) L.
Wie kommen „Thema“ und „TexteVerfasser“ zusammen? Texte generieren Texte: gesprochene die geschriebenen, und umgekehrt oder überkreuz – so oder so; Hauptsache, es wird überhaupt quantitativ hinreichend und wortsprachlich distinkt kommuniziert. Eine naive Grund-Annahme, in der sich Otto Normal[zeitungsleser] sogar durch die aktuell wiederholten Beschreibungen vom derzeit kontinuierlichen ‚Anlernen‘ von „KI“s bestätigt sieht.
Lebenspraktischer Schluss: Solange - mangels co-präsenter Menschen – um mich herum nicht gesprochen wird, auch kein Ende der „diēs sine linea“.
Übrigens, um auf Wikipedia zurückzukommen: Dort wird erinnert an Paul Klee, der das lateinische „linea“ aus dem Sprüchlein der Altvorderen entgegen der metaphorisierenden Rezeption auf dessen Literalsinn „Strich“ zurück bringen wollte – so dreiviertels wenigstens, indem man den noch handfesteren Wortsinn „Leinenfaden“ der Etymologie überlässt (eine Spur, der nachzugehen sich freilich der Ober-Metaphorologe Hans Blumenberg nicht hätte entgehen lassen). – Wie sehr Paul Klee ein Meister des „Strichs“ war, im Unterschied zu seinem Altersgenossen und Freund August Macke, einem Meister der „Fläche“ (der 27-jährig schon im September 1914 dem Krieg zum Opfer fiel), zeigt insbesondere Klees Abstraktion „Hauptweg und Nebenwege“.
© Frithard Scholz
26.10.2025