"Wo immer du hingehst..."

 

33. Werksemester Sommer 1966

Treffen 40+1 Jahre später am 23./24. Juni 2007

 

 

 

Vorspiel

 

Eröffnung

Der Friede Gottes sei mit uns allen.

40 + 1 Jahre 33. Werksemester. Nach so viel Jahren haben wir uns wieder getroffen.

Rückblicke waren gestern dran - besser gesagt vielleicht: Vergegenwärtigung von Flüchtigem.

Heute morgen in der Kirche wollen wir ins Licht Gottes stellen, was da war und was mit uns noch werden wird.

Beginnen wir mit Dank, indem wir singen...

 

1. Nun danket alle Gott / mit Herzen, Mund und Händen, / der große Dinge tut / an uns und allen Enden, / der uns von Mutterleib / und Kindesbeinen an / unzählig viel zugut / bis hierher hat getan.

2. Der ewigreiche Gott / woll uns bei unserm Leben / ein immer fröhlich Herz / und edlen Frieden geben / und uns in seiner Gnad / erhalten fort und fort / und uns aus aller Not / erlösen hier und dort.

3. Lob, Ehr und Preis sei Gott / dem Vater und dem Sohne / und Gott dem Heilgen Geist / im höchsten Himmelsthrone, / ihm, dem dreiein'gen Gott, / wie es im Anfang war / und ist und bleiben wird / so jetzt und immerdar.

 

Eingangsgebet

Nichts habe ich von mir selbst, Gott;

alles ist Gabe von dir und wird erst mein, wenn ich es von Dir empfange.

Und immerfort empfange ich mich aus deiner Hand.

So ist es, und so soll es sein.

Das ist meine Wahrheit und meine Freude.

Immerfort blickt dein Auge mich an;

und ich lebe aus diesem Blick, du mein Schöpfer, du mein Heil.

Lehre mich, das Geheimnis zu verstehen, das ich bin.

Und dass ich bin durch dich, und von dir, und für dich.

Amen.

 

Singen wir:

1. Befiehl du deine Wege / und was dein Herze kränkt / der allertreusten Pflege / des, der den Himmel lenkt. / Der Wolken, Luft und Winden / gibt Wege, Lauf und Bahn, / der wird auch Wege finden, / da dein Fuß gehen kann.

 

Ansprache I

„Wo immer du hingehst, da bist du dann” halt. Vorne drauf auf unserem Faltblatt, liebe Freunde - ein Fundstück aus Kassel. Litfass-Säule. Staatstheaterplakat aus dem Mai. Ein Spruch, der dein Leben hebt in die Tonlage von Psalmen-Pathos, das eine Fortsetzung mit Gott, Freiheit und Unsterblichkeit gewärtigen lässt - und der es dann kurz angebunden landen lässt in der unwiderleglichen Prosa einer WG-Wohnküche, einer Fachbereichssitzung, einer chronischen Erkrankung, im ganz gewöhnlichen Chaos eben. „Wo immer du hingehst, da bist du dann”.

Trockene Variante von Mephistos Weisheit aus der Studierzimmer-Szene von Faust I: „Das erste steht uns frei, im zweiten sind wir Knechte”. Es hätte alles anders sein können, aber nun ist es, wie es ist. Gefühle von mancherlei Spielart können einhergehen mit dieser Sequenz - zwischen jugendlich gestaltungsoffenem Auftakt und erreichtem Zwischenstand, der Möglichkeiten hinter sich gelassen und an Wirklichkeit zugenommen hat.

Als wir im April 1966 Olymp und Jungfernstieg bezogen haben - und dann für ein halbes Jahr erlebt und getan haben, was wir erlebt und getan haben: es hätte so nicht sein müssen. Aber wir haben es angestrebt, sind als Stipendiaten des Studienwerks aufgenommen worden - und dann ist es gekommen, wie es gekommen ist. Für manche (mich eingeschlossen) ist das 33. Werksemester eine entscheidende Weichenstellung fürs Leben geworden und geblieben; etliche Lebensläufe von denen, die uns Doris treulich verteilt hat, drücken das ja verbatim aus - die live-Runde gestern hat das ja noch vielfach verstärkt. Und gestern haben wir uns beschaut und befühlt, einander zugehört und zugesprochen, um zu verstehen, was das alles mit uns gemacht hat, jedem/jeder einzeln, und wie sich das im Lebensgefühl von nun so ± 60-Jährigen ausdrückt. Menschen, die Pensionierung und Altersteilzeit in Sichtweite haben oder schon genießen.

Naja, genießen... „Wo immer du hingehst, da bist du dann”. Bekannte Gesichter, gemischte Gefühle. Manche sind gern da und wie sie sind, manche sind es und auch wieder nicht so ganz. Für allerlei an Erfahrungen sind die Bedingungen verflossen - allerlei ist möglich oder wird es erst jetzt wieder, postfamiliale Phase... Die Herausforderungen und Chancen des Lebens sind andere geworden, der Schwung sich ihnen zu stellen und sie zu ergreifen auch.

 

Singen wir weiter:

3. Dein ewge Treu und Gnade, / o Vater, weiß und sieht, / was gut sei oder schade / dem sterblichen Geblüt; / und was du dann erlesen, / das treibst du, starker Held, / und bringst zum Stand und Wesen, / was deinem Rat gefällt.

4. Weg hast du allerwegen, / an Mitteln fehlt dir's nicht; / dein Tun ist lauter Segen, / dein Gang ist lauter Licht; / dein Werk kann niemand hindern, / dein Arbeit darf nicht ruhn, / wenn du, was deinen Kindern / ersprießlich ist, willst tun.

 

 

Ansprache II

„Wo immer du hingehst, da bist du dann”... Gott weiß, was uns, jeden, jede für sich, seinerzeit bewogen hat, bei Villigst anheuern zu wollen. Geld, Stipendium - schon damals (das BAFöG hieß noch Honnefer Modell) kein Anlass zu Genierlichkeit. Und dann sind wir genommen worden und zogen ein in Haus Villigst. Wurden eingeteilt nach Stahlwerk Ergste, zur Post, Gießerei Hundhausen, zum Evangelischen Krankenhaus, den Nickelwerken, in die Villigster Küche ... Und so waren wir, die wir waren - und wurden es noch. Da sind wir hingegangen, und da waren wir dann. Inklusive der Frühstücksrituale um halb sechs mit Sirup auf Quarkbroten usw. Bergfest mit Quadrille á la Höfmann, workcamp im Maubeuge.

Und dann sind wir ausgeschwärmt, zwischen Kiel und München studieren gehen - die Haare bei den Jungs wurden länger (sogar bei Karl-Heinz Höfmann), die Röcke der Mädchen kürzer und die Musik lauter. Und wir hineingeraten in das, was inzwischen in der Rhetorik der Zeithistoriker und Journalisten zu einer Epoche geronnen ist: die 68er.

Manche sind nicht nur hineingeraten, sondern haben aktiv betrieben, was man seinerzeit die Studentenrevolte nannte: waren im SDS, KBW, meditierten Mao-Bibel und Habermas’ „Erkenntnis und Interesse”, und dann machten wir unsere Examen - später oder früher, mit oder ohne stress mit denen, die die Talare inzwischen auch eingemottet hatten. Neue Übergänge: weitere Runden auf anderen akademischen Qualifikationsetagen, zaghafte oder beherzte Berufseinstiege, Engagements in Bürgerinitiativen oder Märsche durch die Institutionen. Wir erlebten den Deutschen Herbst, lernten die Wörter „klammheimliche Freude” und „Sympathisant” samt deren gesellschaftlicher Stigmatisierung. Übernahmen die Farbe Lila mit der Frauenbewegung zuerst, dann den Friedensfreunden bei den Kirchentagen der frühen 80er. All das in unterschiedlicher Nähe und Distanz. Damit kann man sich inzwischen locker outen.

Und in und unter all dieser öffentlichen Zeitgenossenschaft gewannen die privaten Dinge des Lebens Form. Im Kino saßen wir mit Freund, mit Freundin vor Bergmans „Szenen einer Ehe” - und haben dann, nach mehr oder minder kummervollen Verliebtheiten, geheiratet, ganz viele von uns jedenfalls. Ein riskantes Unternehmen, wie schon aus manchen der vorab herumgemailten Lebensläufe zu lesen war. „Wo immer du hingehst, da bist du dann”. Sind mit dem, mit der Liebsten gewachsen, haben Kinder bekommen und angenommen, haben uns gestritten, versöhnt - oder konnten es eben auch nicht mehr. Brechts Gedicht „An die Nachgeborenen” fällt mir ein - ein Gedicht, dessen existentielles Pathos den postmodernen etwas quer steht:

Ihr, die ihr auftauchen werdet aus der Flut, / In der wir untergegangen sind, / Gedenkt, / Wenn ihr von unseren Schwächen sprecht, / Auch der finsteren Zeit, / Der ihr entronnen seid.

Wir, / Die wir den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit, / Konnten selber nicht freundlich sein. / Ihr aber, wenn es so weit sein wird, / Daß der Mensch dem Menschen ein Helfer ist, / Gedenkt unserer / Mit Nachsicht.

Die 40+1 Jahre seit dem 33. Werksemester haben es mit sich gebracht, dass einer wie ich jetzt in einer Kirchenleitungsetage sein Tagewerk tut - zum Beispiel eine neue Trauagende vorbereiten. Die soll eine Einleitung bekommen, in der auch die Traufrage meditiert wird. Dort soll u.a. stehen: Dies Versprechen führt in die Dialektik der Selbsterhaltung, in die Spannung zwischen Treue und Verrat gegenüber dem anderen und sich selbst. Wer dieses Ja sagt, tut es in der verwegenen Hoffnung: wer immer ich sein werde bei Lebzeiten, werde ich einer sein können, der dir treu ist und mir selber zugleich. Die Bedingung des Bestehens in dieser Dialektik zu gewährleisten ist keines Menschen Werk. Es ist die Gnade der Balance, die den sich Versprechenden zugespielt wird aus unserer gemeinsamen Zukunft: „Gottes Hilfe“.

Mir wird es ein ‚Inneres Bergfest’ sein, wenn diese Sätze den Marathon durch die Zustimmungsgremien überstehen. Denn ich glaube, dass das stimmt. „Wo immer du hingehst, da bist du dann”. Aber nie, nie ganz alleine.

 

im Wechsel zu sprechen:

 

 

Herr, du erforschest mich

und kennest mich.

Ich sitze oder stehe auf, so weißt du es;

du verstehst meine Gedanken von ferne.

Ich gehe oder liege, so bist du um mich

und siehst alle meine Wege.

Denn siehe, es ist kein Wort auf meiner Zunge,

das du, Herr, nicht schon wüsstest.

Von allen Seiten umgibst du mich

und hältst deine Hand über mir.

Diese Erkenntnis ist mir zu wunderbar und zu hoch,

ich kann sie nicht begreifen.

 

 

Ansprache III

Da sind wir nun, alle - 35 sind wir 1966 gewesen. Manche haben absagen müssen, aus unterschiedlichen Gründen, respektabel, nachvollziehbar. Schade, so ist es eben. Aber zweie fehlen. Sie hätten gar nicht kommen können, selbst wenn die Einladung sie erreicht hätte. Sie sind schon gestorben.

Johannes Goldschmidt. Mathematiker hat er werden wollen und ist es wohl auch. England hat ihn gezogen, dort hat er gelebt einige Jahre, hat seine Frau Linda gefunden. Die Verbindungen zu ihm sind schon bald dünn geworden; von Kindern wissen wir nichts. Zum Treffen nach 10 Jahren in Neckargemünd konnte er nicht kommen. Irgendwann, Ende der 70er Jahre, erreichte uns die traurige Nachricht. Der Vater, den wir noch hätten fragen können, ist 1998 verstorben. Wir denken an Johannes zurück.

Sigune Holz, verheiratete Haase. Juristin, Pfarrfrau geworden, dabei berufstätig am Verwaltungsgericht Lüneburg. Ihr Mann hat Gernot geschrieben: vom Brustkrebs Anfang 2002, Operationen, Chemo‘s usw., Aufs und Abs in 2003, letzten gemeinsamen Reisen, dem Rezidiv 2004, der Freude über die Geburt von Enkeln. Ganz schwere Monate, und am 21. Dezember 2005 ist sie gestorben.

Wir denken an diese beiden, Johannes und Sigune, die zu uns gehörten, denken an Johannes‘ Witwe und Sigune‘s Witwer.

Herr, lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden. Wir glauben: auch sie, gerade sie sind aufgehoben in der Liebe Gottes, die allem über ist. Hinrich spielt sein Kyrie - er hat’s gestern beschrieben. (Zum Mitlesen des Textes, den die Orgel nicht zu Gehör bringt.

Orgel: Kyrie

 

im Wechsel zu sprechen:

 

 

Wohin soll ich gehen vor deinem Geist,

und wohin soll ich fliehen vor deinem Angesicht?

Führe ich gen Himmel, so bist du da;

bettete ich mich bei den Toten, siehe, so bist du auch da.

Nähme ich Flügel der Morgenröte

und bliebe am äußersten Meer,

so würde auch dort deine Hand mich führen

und deine Rechte mich halten.

Spräche ich: Finsternis möge mich decken

und Nacht statt Licht um mich sein –

so wäre auch Finsternis nicht finster bei dir,u

und die Nacht leuchtete wie der Tag.

Finsternis ist wie das Licht.

 

 

Ansprache IV

Manchen fällt hierzu Tilmann Mosers „Gottesvergiftung” ein - zeitweilig ein Kultbuch der späten 70er - vielen hat es aus dem Herzen gesprochen. Ob er diesen Ausbruch gegen den Gott seiner Pfarrhauskindheit in seine „Bekenntnissen einer halb geheilten Seele” zurücknimmt, darüber streiten die Leser des Buches von 2004.

Ich lese den Psalm so:

 

Gott ist bei mir - auch dann, wenn ich meine, nur bei mir zu sein statt bei ihm. Wenn ich mit Worten ringe, um mich ein Stück weit einem andern zu offenbaren, ist er es, der mich reden und den andern verstehen lässt. Was bedeutet das für mich?

Einerseits ein höchst gemischtes Gefühl, vorsichtig ausgedrückt: da zu sein unter einem ewig unheimlichen Aufpasser, dem „lieben Gott, der alles sieht”, auch das, was ich gerne unter der Decke halte vor anderen, ja sogar vor mir selbst. Andererseits - richtig unglaublich - ein Zutrauen, dass sich da überall, wo ich gehe und stehe, Arme ausbreiten, einladend, die mir das Unmögliche erlauben, nämlich über den eigenen Schatten zu springen.

 

Gott ist überall - und er ist es um meinetwillen. Er hält mich nicht davon ab, mir eine blutige Nase zu holen, wenn ich unbedingt mit dem Kopf durch die Wand will. Und wenn ich mal richtig was in den Sand setze, weil ich wieder schneller gemacht als gedacht habe, da spielt er nicht den Papa, der schon alles richtet. Das nicht.

Aber: Er bewahrt mich vor dem Äußersten, nämlich der Vorstellung, ich käme mit den Dingen des Lebens, ja meinem Leben überhaupt besser zurecht, wenn ich mir um Gott keine großen Gedanken mehr mache - das aber wäre doch töricht, ein Selbstmissverständnis, das unsereinem ganz unbemerkt passieren kann.

Das kann man immer noch kritisch sehen und sagen, diese Sache mit Gott wäre was für Kinder irgendwie, aber nichts für erwachsene Menschen - andere sagen ‘Gott gibt zwar Leine, lässt uns aber nicht einfach laufen’ oder reden sogar manchmal ganz fromm von “Führung”. Und selber bin ich oft ganz durcheinander und weiß nicht recht, wie ich es sehen soll.

 

Gott ist mir näher als ich mir selbst bin und je sein könnte - so hat das mal ein früherer Lehrer der Kirche genannt. Das macht mich klein und lässt mich zugleich wissen: das macht nichts - letztlich, dort wo es darauf ankommt.

Wenn ich mich mal richtig gut finde, erfahre ich: ich bin’s nicht selber, der das zuwege gebracht hat. Und wo ich mir mal ganz mickrig vorkomme, tröstet er mich: das ist kein Urteil letzter Instanz. Ich verdanke mich nicht mir selbst; ich habe mich nicht selbst ins Leben gebracht. Aber das Gefühl, dankbar sein zu müssen,  und wirklich leben können aus und in dankbarer Freude am Dasein, ist eben zweierlei - und wenn ich an mich denke und ihr an euch, finden wir bestimmt: häufig sorgt selbstgemachter moralischer Druck dafür, dass es nicht so weit her ist mit Freiheit und Selbstbewusstsein und offenen Sinnen für das Leben, das Schreckliche und das Schöne.

 

im Wechsel zu sprechen:

 

 

Denn du hast meine Nieren bereitet

und hast mich gebildet im Mutterleibe.

Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin;

wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele.

Es war dir mein Gebein nicht verborgen,

als ich im Verborgenen gemacht wurde,

als ich gebildet wurde unten in der Erde.

Deine Augen sahen mich,

als ich noch nicht bereitet war,

und alle Tage waren in dein Buch geschrieben,

die noch werden sollten und von denen keiner da war.

Aber wie schwer sind für mich, Gott, deine Gedanken!

Wie ist ihre Summe so groß!

Wollte ich sie zählen, so wären sie mehr als der Sand:

Am Ende bin ich noch immer bei dir.

 

 

Ansprache V

 

Nun werden wir alt. Fangen jedenfalls damit an - das Stichwort „Altersteilzeit” habe ich jedenfalls in manchem Lebenslauf gelesen. Bilanzen sind angesagt, manche werden insistieren: Zwischenbilanzen! Naja.

„Wo immer du hingehst, da bist du dann”. Jetzt sind wir hier, haben uns getroffen nach 40+1 Jahren.

Vielleicht ist es gut, das Resumieren einem Anderen zu überlassen, der Interesse und Erkenntnis besser verknüpfen kann als wir unmittelbar Beteiligte.

 

im Wechsel zu sprechen:

 

 

Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz;

prüfe mich und erkenne, wie ich's meine.

Und sieh, ob ich auf bösem Wege bin,

und leite mich auf ewigem Wege.

 

Amen. So soll es sein.

 

 

Singen wir:

3. Und reichst du uns den schweren Kelch, den bittern / des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand, / so nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern / aus deiner guten und geliebten Hand.

5. Lass warm und hell die Kerzen heute flammen, / die du in unsre Dunkelheit gebracht, / führ, wenn es sein kann, wieder uns zusammen. / Wir wissen es, dein Licht scheint in der Nacht.

7. Von guten Mächten wunderbar geborgen, / erwarten wir getrost, was kommen mag. / Gott ist bei uns am Abend und am Morgen / und ganz gewiss an jedem neuen Tag.

 

 

Beten wir - mit Worten eines überlieferten Gebets, das einer alten Äbtissin zugeschrieben ist:

Herr, du weißt, dass ich altere und bald alt sein werde. Bewahre mich davor, schwatzhaft zu werden, und besonders vor der fatalen Gewohnheit, bei jeder Gelegenheit und über jedes Thema mitreden zu wollen. Befreie mich von der Einbildung, ich müsse anderer Leute Angelegenheiten in Ordnung bringen. Bei meinem ungeheuren Schatz an Erfahrung und Weisheit ist's freilich ein Jammer, nicht jedermann daran teilnehmen zu lassen. Aber du weißt, Herr, dass ich am Ende ein paar Freunde brauche!

Ich wage nicht, dich um die Fähigkeit zu bitten, die Klagen meiner Mitmenschen über ihre Leiden mit nie versagender Teilnahme anzuhören. Hilf mir nur, sie mit Geduld zu ertragen, und versiegele meinen Mund, wenn es sich um meine eigenen Kümmernisse und Gebrechen handelt. Sie nehmen zu mit den Jahren und meine Neigung, sie aufzuzählen, wächst mit ihnen.

Ich will dich auch nicht um ein besseres Gedächtnis bitten, nur um etwas mehr Demut und weniger Selbstsicherheit, wenn meine Erinnerung nicht mit der anderer übereinstimmt. Schenke mir die wichtige Einsicht, dass ich gelegentlich irren kann. Hilf mir, einigermaßen milde zu bleiben. Mach mich teilnehmend, aber nicht sentimental, hilfsbereit, aber nicht aufdringlich. Gewähre mir, dass ich bei den Menschen Gutes finde, wo ich es nicht vermutet hätte. Und schenke mir, Herr, die Liebenswürdigkeit, es ihnen zu sagen.

Gemeinsam rufen wir dich an, wie Jesus, unser Bruder, es uns gelehrt hat:

Vater unser im Himmel. / Geheiligt werde dein Name. / Dein Reich komme. / Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. / Unser tägliches Brot gib uns heute. / Und vergib uns unsere Schuld, / wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. / Und führe uns nicht in Versuchung, / sondern erlöse uns von dem Bösen. / Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit / in Ewigkeit. Amen.

 

Singen wir:

1. Freunde, dass der Mandelzweig / wieder blüht und treibt, / ist das nicht ein Fingerzeig, / dass die Liebe bleibt?

2. Dass das Leben nicht verging, / soviel Blut auch schreit, / achtet dieses nicht gering / in der trübsten Zeit.

3. Tausende zerstampft der Krieg, / eine Welt vergeht. / Doch des Lebens Blütensieg / leicht im Winde weht.

4. Freunde, dass der Mandelzweig / sich in Blüten wiegt, / bleibe uns ein Fingerzeig, / wie das Leben siegt.

 

Segen

Der Herr segne und behüte uns.

Der Herr lasse leuchten sein Angesicht über uns und sei uns gnädig.

Der Herr erhebe sein Angesicht und gebe uns Frieden.

Amen.

 

Nachspiel

 

 

 

Liturgie und Ansprache: Frithard Scholz

musikalische Begleitung: Hinrich Paul