getauft!

Wißt ihr nicht, dass alle, die wir  auf Christus Jesus getauft sind, die sind in seinen Tod getauft?

So sind wir ja mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod, damit, wie Christus auferweckt ist von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, auch wir in einem neuen Leben wandeln.

Denn wenn wir mit ihm verbunden und ihm gleichgeworden sind in seinem Tod, so werden wir ihm auch in der Auferstehung gleich sein.

Wir wissen ja, dass unser alter Mensch mit ihm gekreuzigt ist, damit der Leib der Sünde vernichtet werde, so dass wir hinfort der Sünde nicht dienen.

Denn wer gestorben ist, der ist frei geworden von der Sünde.

Sind wir aber mit Christus gestorben, so glauben wir, dass wir auch mit ihm leben werden,

und wissen, dass Christus, von den Toten erweckt, hinfort nicht stirbt; der Tod kann hinfort über ihn nicht herrschen.

Denn was er gestorben ist, das ist er der Sünde gestorben [a] ein für allemal; was er aber lebt, das lebt er Gott.

So auch ihr, haltet dafür, das ihr der Sünde gestorben seid und lebt Gott in Christus Jesus.

Römer 6, 3-11

 

1. Ich bin getauft auf deinen Namen, / Gott Vater, Sohn und Heilger Geist; / ich bin gezählt zu deinem Samen, / zum Volk, das dir geheiligt heißt. / Ich bin in Christus eingesenkt, / ich bin mit seinem Geist beschenkt.

Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen - so soll es sein, wie es der Apostel Paulus mal ausdrückt in einem seiner Briefe an die Christenmenschen in Korinth.

Und so ist es auch, liebe Gemeinde!

Eben deswegen und in diesem Sinne sind wir heute zusammen. Das ist so, weil wir getauft sind auf Seinen Namen. Und das ist haltbarer als jede noch so gute Ehe, zu der sich zwei einander versprechen „bis dass der Tod sie scheidet”. Denn es bleibt so auch noch über den Tod hinaus. Wegen der Gnade und der Liebe und der Gemeinschaft, die vom dreieinigen Gott ausgehen und uns mit ihm verbinden. Deswegen, wegen der Taufe auf seinen Namen, sind wir, was wir sind - Christenmenschen - und wo wir sind - gemeinsam hier im Gottesdienst.

Nun ja; Konfis sind vielleicht v.a. darum hier, weil sie eine Unterschrift im Pass sammeln wollen; jemand anders, weil er mal in Ruhe über sein Leben nachdenken will, oder eine andere tut es einfach aus guter Sonntagsgewohnheit. Mag sein. Liegt mir auch gar nichts daran, derlei Beweggründe madig zu machen. Nur: wenn man ihnen auf den Grund geht, kommt man aufs Getauftsein hinaus. Was es damit auf sich hat, machen wir uns selten bewusst. Macht nichts. Das gilt ja auch für anderes, von dem unser Leben im Wortsinne abhängt. Oder wer von uns denkt schon ständig darüber nach, dass sein Herz schlägt oder dass er einatmet und ausatmet, nicht wahr?

Aber ab und zu sich bewusst machen, was für eine, einer ich eigentlich bin, wovon ich lebe: das hilft zurechtkommen in Situationen, in denen sich alles um einen herum auftürmt, so dass man nicht mehr recht weiter weiß und am liebsten nicht mehr da wäre. Angefangen haben wir schon damit, indem wir gerade gesungen haben, was wir gesungen haben. Lassen Sie es uns noch einmal tun - 1. Ich bin getauft auf deinen Namen... und dazu noch Vers 2:

2. Du hast zu deinem Kind und Erben, / mein lieber Vater, mich erklärt; / du hast die Frucht von deinem Sterben, / mein treuer Heiland, mir gewährt; / du willst in aller Not und Pein, / o guter Geist, mein Tröster sein.

Hier vorne steht unsere Osterkerze. Und weil sie nicht von allen Plätzen aus so genau zu erkennen ist, haben Sie alle ein Foto davon in die Hand bekommen. Denn sie wollen wir heute morgen genauer betrachten. Ihre Bilderschrift enthält die wichtigsten Antworten auf die Frage, was es mit der Taufe auf sich hat - auf die Frage, was mich letztlich am Leben hält, solange ich lebe und auch wenn ich sterbe.

Osterkerze. Alle Jahre wieder wird sie feierlich hier installiert. Stockdunkle Kirche am ganz frühen Ostermorgen. Ins Dunkle hinein haben Sprecher-Stimmen erinnert an Gottes schöpferisches Tun, das die Welt in der wir leben und uns Menschen ins Dasein gerufen hat. So dass es am Ende davon heißen konnte: Siehe da, sehr gut. Haben erinnert daran, dass wir Menschen die Gestaltung der Welt und unseres Zusammenlebens in die eigenen Hände genommen haben - und wir wissen nur zu genau, dass das Ergebnis sehr gut nicht mehr zu nennen ist. Haben erinnert an Gottes verzweifelten letzten Versuch das Ganze zurechtzubringen: an Jesus, in dem Gott als Mensch unter Menschen ein animierendes Beispiel gegeben hat dafür, wie das Leben gemeint ist in Gerechtigkeit und Erbarmen - und wie Gott in Jesus aus der Welt vertrieben wurde durch Hinrichtung am Kreuz. Dunkel wie es dunkler nicht mehr sein kann - das muss man sich mal vorstellen: Da kriegen Menschen die letzte große Chance ihres Lebens und machen sie aus Blindheit und Eigensinn zunichte.

In diese Welt- und Lebensverdunklung hinein das unerwartete Licht der Auferweckung Jesu, in die dunkle Kirche hinein die Osterkerze. Symbol dafür, dass Gott es einfach nicht aufgibt mit uns. Dass er in Wahrheit ein Übriges tut. Wenn schon die alte Schöpfung nicht zu retten ist, dann muss eben eine neue her! Der umgebrachte Jesus in ein neues unvergängliches Leben berufen - und damit nicht genug: wer sonst alles von Menschen sich anrühren lassen will von dieser nachgetragenen Liebe Gottes, der soll selber auch Teil dieser neuen Schöpfung sein dürfen. Das Alte: vergangen - siehe da, alles neu! Das ist es.

Das bedeutet Getauft-sein. Und darum ist es auch die Osterkerze, an der wir die Tauferinnerungskerzen für unsere Täuflinge entzünden. Sie erinnert an den Zusammenhang von Kreuzigung und Auferstehung Jesu mit dem Leben auf der Seite Gottes, das Gott einem jeden von uns in der Taufe ermöglicht.

Das hat der Apostel Paulus ausgedrückt in den Sätzen aus dem Brief an die Gemeinde von Rom, die ich vorhin vorgelesen habe. Sätze, die wir nicht so leicht zusammenbringen mit den Taufgottesdiensten, die wir gemeinhin so feiern, auch hier. Da drängt sich ja  oft die Niedlichkeit der babies in den Vordergrund. Aber vielleicht ahnen wir jetzt, dass die Taufe, die wir feiern, dass die ein tiefsymbolischer Vorgang ist, der mit „niedlich” kaum etwas zu tun hat. Die Sache ist nicht ohne, es ist eine Sache auf Leben und Tod. Und sie hat Konsequenzen.

Aber lassen Sie uns erst einmal wieder singen: aus dem angefangenen Lied Vers 3:

3. Doch hab ich dir auch Furcht und Liebe, / Treu und Gehorsam zugesagt; / ich hab, o Herr, aus reinem Triebe / dein Eigentum zu sein gewagt; / hingegen sagt ich bis ins Grab / des Satans schnöden Werken ab.

Die Sache mit der Taufe ist eine Sache auf Leben und Tod. Und darum trägt unsere Osterkerze auch in ihrer Mitte das Zeichen des Kreuzes. Wißt ihr nicht, dass alle, die wir auf Christus Jesus getauft sind, die sind in seinen Tod getauft? schreibt Paulus. Das Kreuz, an dem Jesus starb, das war das Ende von Gottes letztem Versuch mit seinen Menschenkindern. Und später konnte gesagt werden: es war zugleich der Durchgang zu einem ganz neuen Anfang, den Gott mit seiner trotz allem geliebten Welt zu machen gedachte. Aus lauter Liebe, die nicht totzukriegen war. Die es in Kauf genommen hat, dass er, Gott, in Jesus am Kreuz ganz schön heruntergekommen ausgesehen hat.

Darum auch ist das Kreuz das Symbol für den christlichen Glauben schlechthin. Für die gute Nachricht von der unendlichen Geschichte Gottes mit den Menschen. Bis zum Äußersten eingelassen hat sich Gott mit der Welt, die seine Menschen nach Kräften ins Gegenteil verkehrt hatten zu dem, wie er sie geschaffen hat. Und weil er es war, der sich aus dem Himmel auf die Welt begeben hat, ist er denn auch in Widerspruch geraten zu all den Verkehrtheiten in der Welt, die nicht er angerichtet hat - die sind es, die Paulus Sünde nennt.

Das musste erst ausgehalten sein, damit es anders weitergehen kann - mit Gott, mit der Welt, mit uns Menschen. Aber das, das ist der Sinn der Geschichte. Nicht mehr das Vergangene bestimmt, was wir zeitlebens tun und sein können, sondern das Kommende, der offene Horizont des ewigen Lebens, das Gott uns zugedacht hat.

In Christus lässt Gott sie weitergehen, die Geschichte unseres Lebens, aussichtsreich für uns, zu unserem Besten. Indem wir die Einladung zur Taufe annehmen, lassen wir uns darein verwickeln. So sind wir ja mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod, damit, wie Christus auferweckt ist von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, auch wir in einem neuen Leben wandeln.

Taufe: Brief und Siegel also auf unsere Befreiung aus Verhältnissen, die aussichtslos gezeichnet sind von der Macht des Todes, über den sie nicht hinaus kommen im großen wie im kleinen. Wer getauft ist, wird in einem neuen Leben wandeln, wird also nicht einfach so tun, als wäre das Neue bloß die ewige Fortsetzung des Alten. Denn, so Paulus: Wir wissen ja, dass unser alter Mensch mit ihm gekreuzigt ist, damit der Leib der Sünde vernichtet werde, so dass wir hinfort der Sünde nicht dienen. Will sagen: was uns zeitlebens belastet - bedrohliche Krankheit, Vergiftung zwischenmenschlicher Beziehungen, Sorgen wie es wirtschaftlich weitergehen soll - all das ist nicht einfach weg, aber es bestimmt nicht mehr über unser Leben. Tut es nicht, nein - daran dürfen wir uns halten. Aber das ist nicht immer so einfach. Singen wir weiter - Vers 4:

4. Mein treuer Gott, auf deiner Seite / bleibt dieser Bund wohl feste stehn; / wenn aber ich ihn überschreite, / so laß mich nicht verlorengehn; / nimm mich, dein Kind, zu Gnaden an, / wenn ich hab einen Fall getan.

Rückfälle in alte Lebensmuster, die gibt es. Wir wären falsch beraten, würden wir das nicht zugeben. Aber noch falscher wäre es, würden wir dieses Eingeständnis nicht vor Gott bringen, dem spätestens seit Jesus nichts Menschliches mehr fremd ist. Seiner Barmherzigkeit und Vergebung dürfen wir uns anvertrauen.

Entfalten kann sich dieses Vertrauen in der Gemeinde von Christenmenschen, deren Namen im Himmel geschrieben sind, die sich aber auf Erden noch zu bewähren haben.

Auch das zeigt uns die Bilderschrift der Osterkerze. Unten ist ein stilisierter Fisch zu sehen. Das Zeichen eines Fisches war es, an dem sich Christen gegenseitig zu erkennen gaben, als die sich noch verstecken mussten vor den Verdächtigungen der Volksmehrheit und den Verfolgungen durch die Polizei. Warum ein Fisch? Nun - in den frühen Zeiten der Christenheit rund ums Mittelmeer war Griechisch so eine Art Weltsprache wie heutzutage das Englische. Und die fünf Buchstaben, aus denen das griechische Wort für „Fisch” besteht, waren zugleich die Anfangsbuchstaben eines kurzen Satzes, die so was wie das erste christliche Glaubensbekenntnis genannt werden kann: „Jesus Christus, Gottes Sohn, der Retter”! Manche Menschen fahren heutzutage mit so einem Zeichen als Autoaufkleber herum und geben sich auf diese Weise zu erkennen als jemand, der auf seinen christlichen Glauben angesprochen werden kann.

Blaugrün ist dieses Zeichen auf unserer Osterkerze. Und das weniger, weil es so an das Farbenspiel des Meeres erinnert. Das passt zwar auch gut. Aber das soll andeuten: in der Person von Jesus, den die Getauften den Christus nennen - in ihm sind Himmel und Erde ineins zusammengekommen, in einem lebendigen Menschen, der Gott mit uns war (wie der Matthäus-Evangelist es einmal nennt). Denn Blau ist die Farbe des Himmels, dessen was menschliches Verstehen übersteigt, der Ewigkeit - und Grün die Farbe der Erde, des gesegneten Wachstums, der auskömmlichen Versorgung mit dem was zum irdischen Dasein nötig ist.

Überhaupt die Farben auf der Osterkerze - was geben sie nicht noch zu verstehen! Nicht von ungefähr hat das große Kreuz in der Mitte einen goldenen Kern und einen roten Rahmen. Golden im Kern, weil Gold das bescheidene irdische Abbild der Herrlichkeit Gottes im Himmel ist, wie sie unserer Wahrnehmung zeitlebens entzogen bleibt, Rot drumherum, weil sich die himmlische Herrlichkeit Gottes verbirgt im Blut Jesu für uns vergossen. Mit dem sonnengelben Strahlenkranz, der das Kreuz umrundet, erinnert die Kerze an einen anderen Satz des Apostels Paulus: Gott, der sprach: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten, der hat einen hellen Schein in unsre Herzen gegeben, dass durch uns entstünde die Erleuchtung zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes in dem Angesicht Jesu Christi. Auch hier ist die Rede von den Folgen der Taufe. Dass durch uns ganz gewöhnliche Christenmenschen andere zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes erleuchtet werden sollen, wie sie in dem Angesicht Jesu Christi des Gekreuzigten nur sichtbar wird - das lässt unser Getauftsein kein sanftes Ruhekissen, sondern eine anspruchsvolle Verpflichtung sein. Der Vater im Himmel braucht Menschen, die auf der Erde glaubwürdig als Gottes Kinder leben. Aber wie sollen wir das können?

Nun - auch die Begabung dazu erhalten wir durch die Taufe. Schauen wir auf das letzte Zeichen der Osterkerze. Über allem schwebt eine Taube herab, die aufbricht aus einem stilisierten Herzen. Evangelienerzählungen von der Taufe Jesu benutzen den Vergleich mit einer Taube benutzen, um sich überhaupt ausdrücken zu können: unter dem Geschehen seines Getauftwerdens spürt Jesus den Geist Gottes[...]über sich kommen und erfährt die Zusage von Gott Du bist mein liebes Kind, an dir habe ich Wohlgefallen. Die Evangelisten sind überzeugt: In der Taufe überhaupt von Menschen werden die mit Gott unauflöslich verbunden, wie Kinder ihren Vater in sich tragen. Geist Gottes, Heiligen Geist nennen sie diese Verbindung. Sie lässt leben, wie Gott der Schöpfer dem Lehmkloß seinen Atem in die Nase bläst, damit er ein lebendiger Mensch wird; sie begabt dazu, Rechenschaft abzulegen über die Hoffnung, die ihn [ihm] ist. Soviel, nebenbei, zur Sorge, wie das mit dem glaubwürdigen Lebenszeugnis als Kind Gottes denn gehen soll.

Denn wer getauft ist, der hofft auf etwas, das über das Vorfindliche hinaus geht. Fast hätten wir ein Zeichen auf der Osterkerze übersehen, die Jahreszahl 2004. Die markiert natürlich zunächst, dass das die Kerze des diesjährigen Osterfestes ist, klar. Aber es erinnert auch daran, dass unser Osterfest in der Tradition des jüdischen Passahfestes steht - oder wie die Juden sagen: Pessach. An Pessach wird alle Jahre wieder der Befreiung des Volkes Israel aus der Sklaverei in Ägypten gedacht. Auch in unserer Osternachtfeier wird daran erinnert, als Vorschein der Erlösung aus Sünde und Tod durch Gottes Jesus-Werk. Aber die Pessach-Feiern sind nicht auf unendliche Wiederholung angelegt. Darum sieht die Ordnung der Pessach-Feier vor, dass am Schluss der Wunsch ausgerufen wird „Nächstes Jahr in Jerusalem!” Damit ist keine Urlaubsplanung gemeint, wahrlich nicht. Ausgesprochen wird die Hoffnung, alle Jahre wieder, dass die Zerstreuung der Juden über die ganze Welt enden möge. Enden im letzten Wunder der Geschichte, dass Menschen aller Völker sich versammeln könnten in Jerusalem zur Verehrung des einen und einzigen Gottes, der diesen Namen verdient. Getaufte Christenmenschen hoffen auch darauf, dass es nicht bleibt wie es ist: angeschrieben sein im Himmel zu einem neuen Leben, aber Bleibenmüssen auf der Erde, die ganz schön alt aussieht.

Darum bedeutet „2004”: Das ist unsere Hoffnung jetzt. Kann sein, dass wir 2005 eine ähnliche Osterkerze aufstellen. Kann aber auch sein - und beim Wort genommen, wäre es schöner - dass bis dahin eintritt, worauf wir hoffen: dass die Neue Schöpfung weltweit erscheint.

Der Vater im Himmel wird es richten, und wir werden sehen. Amen.

5. Ich gebe dir, mein Gott, aufs neue / Leib, Seel und Herz zum Opfer hin; / erwecke mich zu neuer Treue / und nimm Besitz von meinem Sinn. / Es sei in mir kein Tropfen Blut, / der nicht, Herr, deinen Willen tut.

6. Laß diesen Vorsatz nimmer wanken, / Gott Vater, Sohn und Heilger Geist. / Halt mich in deines Bundes Schranken, / bis mich dein Wille sterben heißt. / So leb ich dir, so sterb ich dir, / so lob ich dich dort für und für.